“La Repubblica” Corpus, Marco Baroni, Silvia Bernardini, Sara Castagnoli, Federica Comastri, Lorenzo Piccioni, Alessandra Volpi, Guy Aston, Marco Mazzoleni, Eros Zanchetta (ed.), 2004ff.. https://corpora.dipintra.it/public/run.cgi/first?corpname=repubblica (Last Accessed: 01.08.2017). Reviewed by Rebecca Sierig (University of Leipzig), rebecca.sierig (at) uni-leipzig.de. ||
Abstract
This paper reviews a huge resource of contemporary Italian newspaper language, the «La Repubblica» corpus. The corpus contains articles, which appeared in the Italian daily newspaper La Repubblica during the years 1985 to 2000 and counts more than 380 million tokens. Apart from being tokenized, it is also PoS-tagged, enriched with TEI-conformant structural mark-up as well as categorized with respect to topics and genres. The data and their preparation are addressed in the first part of this paper while its second part deals with access to the corpus. When the review was written, there were two possible ways of accessing the corpus: either by the ‘old’ interface directly hosted by the Institute of Translational Studies at the University of Bologna (SSLMIT) or by the ‘new’ one hosted by a NoSketch Engine. Both ways are compared in order to point out the changes.
Besprechung
1Aus dem Bedürfnis nach authentischen italienischen Sprachdaten für ÜbersetzerInnen ist in den Jahren von 2001 bis 2004 das «La Repubblica»-Korpus am Institut für Translatologie der Universität Bologna (Scuola Superiore di Lingue Moderne per Interpreti e Traduttori, kurz: SSLMIT) entstanden, so beschreiben es Guy Aston und Lorenzo Piccioni. Als das «La Repubblica»-Korpus erstellt wurde, verfügten andere Sprachen bereits über große Referenzkorpora, während es im Italienischen nichts Vergleichbares gab (cf. Aston / Piccioni 2003). Um diese Lücke zu schließen, wurde im Jahr 2001 mit der Erstellung des «La Repubblica»-Korpus begonnen, das in dieser Rezension beleuchtet werden soll.
2Mittlerweile existieren zwar einige Korpora italienischer Gegenwartssprache,1 seine Größe und Aufbereitung sowie der ausgedehnte Erhebungszeitraum lassen das «La Repubblica»-Korpus aber auch knapp 13 Jahre nach seiner Fertigstellung noch attraktiv für verschiedene Nutzungsinteressen (s.u.) erscheinen. Im Folgenden sollen zunächst (1) Umfang, (2) Daten, (3) Markup und (4) inhaltliche bzw. linguistische Annotation des Korpus beschrieben werden, ehe auf dessen Nutzungsmöglichkeiten durch verschiedene Interfaces eingegangen wird.
3Umfang. Mit insgesamt 380 Millionen Tokens ist das «La Repubblica»-Korpus knapp dreimal so groß wie das British National Corpus (Bodleian Libraries (University of Oxford) on behalf of the BNC Consortium 2007) mit ca. 100 Millionen Tokens oder das italienische Referenzkorpus CORIS/CODIS (Rossini Favretti, Rema et al. 1998-2017), das ca. 130 Millionen Tokens umfasst und noch in den Kinderschuhen steckte, als das «La Repubblica»-Korpus konzipiert wurde (cf. Aston / Piccioni 2007).
4Daten. Das Korpus basiert auf Texten, die im Zeitraum von 1985 bis 2000 in der italienischen Tageszeitung «La Repubblica» erschienen sind, einer der meist gelesenen Tageszeitungen Italiens (cf. Baroni, Bernardi, Comastri et al. 2004: 1771).2 Allerdings waren es keine gedruckten Zeitungsausgaben, die als unmittelbare Datengrundlage fungierten, sondern 16 CD-ROMs, die von «La Repubblica» erstellt und vertrieben wurden. Jede CD-ROM enthielt Aston und Piccioni (2003) zufolge eine Datenbank mit den Artikeln und zugehörigen Metadaten der «La Repubblica»-Ausgaben eines gesamten Jahres. Bilder und Tabellen bzw. andere Verzeichnisse waren in der Datenbank ebenso wenig präsent wie Werbung oder Beilagen (cf. Aston / Piccioni 2003). Bei der Erstellung des Korpus wurden die Texte und verfügbaren Metadaten zunächst von den CD-ROMs extrahiert und als ASCII-Dateien gespeichert. Bei der Extraktion musste berücksichtigt werden, dass die Kodierung der Daten bei manchen CD-ROMs variierte (cf. Aston / Piccioni 2003). Nach der Extraktion wurden die Texte zunächst normalisiert, um das Korpus mittels Corpus Workbench3 zu indizieren. Normalisiert wurden nach Angaben von Aston und Piccioni (2003) u.a. Akzente („perché“ versus „perchè“ versus „perche’“), wobei die Variante mit nachgestelltem Apostroph zugunsten einer am Standarditalienischen orientierten Akzentuierung im Wort („perché“) aufgegeben wurde. Weiterhin wurden Sonderzeichen (z.B. Apostroph, Anführungszeichen) durch Entitätsreferenzen (z.B. &apos für den Apostroph) ersetzt.
5Markup. Die Artikel und ihre Metadaten wurden im Anschluss an die Normalisierung in XML-Dokumenten neu strukturiert und zwar unter Berücksichtigung der TEI-Richtlinien.4 Aston und Piccioni (2003) haben die Strukturierung der Daten in einer Grafik veranschaulicht (vgl. Fig. 1). Pro Zeitungsausgabe wurde ein TEI-Dokument erstellt, das jeweils aus Header (<teiHeader>) und Textkörper (<text>) besteht. Letzterer wurde weiter untergliedert in <div>-Elemente, die die einzelnen Artikel einer Zeitungsausgabe beinhalten. Die Artikelstruktur gliedert sich wiederum in verschiedene, teilweise fakultative Elemente: Überschriften (<head>), Byline (<byline>) und Absatz (<p>), wobei der Absatz noch einmal in Sätze unterteilt wurde. Die Entscheidung, den Textkörper eines jeden Artikels in nur einem Absatz wiederzugeben, war Aston und Piccioni (2003) zufolge der Beschaffenheit der Rohdaten geschuldet, denn den Datenbanken waren (außer den Überschriften) keine Informationen über die Strukturierung eines Artikels zu entnehmen. Die Untergliederung eines Artikels in Sätze (<s>) konnte ebenfalls nicht unmittelbar aus den Rohdaten extrahiert werden, sondern bedurfte einer nachträglichen Segmentierung (cf. Aston / Piccioni 2003). Verfügbare Metadaten zu den einzelnen Artikeln wurden in den Attributen der <div>-Tags festgehalten, etwa die zugehörige Seitenzahl, die Textsorte oder das Thema des Artikels.5 Nach Bernardi, Baroni, Comastri und anderen (2004: 1771) besitzen nicht nur die jeweiligen Dokumente, in denen die Daten einer Zeitungsausgabe eingespeist wurden, einen Header, sondern das Korpus insgesamt. Der Header für das gesamte Korpus enthält dabei Metainformationen, die das Korpus als Ganzes betreffen, etwa editorische Prinzipien oder Urheberrechtsbeschränkungen. Für Korpus-NutzerInnen einsehbar ist der Header nach meinem bisherigen Erkenntnisstand (12.07.2017) nicht.
6Inhaltliche bzw. linguistische Annotation. Das Korpus wurde aber nicht nur mit strukturellen Metadaten angereichert, sondern auch mit inhaltlichen und linguistischen Annotationen. Es ist mit PoS-Tags annotiert (cf. Baroni / Bernardi / Comastri et al. 2004: 1772), wobei eine reduzierte und modifizierte Form des EAGLES-Tagsets6 verwendet wurde. Das Tagset wurde zunächst auf ein Subkorpus bestehend aus 180 zufällig ausgewählten Artikeln angewendet. Dieses automatisch annotierte und manuell kontrollierte Subkorpus erfüllte zwei Funktionen: zum einen wurde es verwendet, um zu eruieren, welche Tagger bzw. Kombinationen von Taggern die verlässlichsten Ergebnisse produzieren würden und diente sozusagen als Kontrollkorpus; zum anderen diente es als Trainingskorpus für diejenige Kombination von Taggern, die sich mit einer durchschnittlichen Genauigkeit7 von 95,46 % als verlässlichste erwiesen hat. Mit dieser verlässlichsten Kombination wurde dann der Rest des Korpus automatisch annotiert. Für KorpusnutzerInnen ist nicht ersichtlich, welche Teile des Korpus manuell bearbeitet wurden und welche ausschließlich durch automatisierte Prozesse. Im Zuge einer weiteren inhaltlichen / linguistischen Annotation wurden die Zeitungsartikel nach Texttyp (Genre) und Thema kategorisiert (cf. Baroni / Bernardi / Comastri et al. 2004: 1772). Auch dies geschah zunächst manuell anhand von 15.000 Artikeln, ehe eine Support Vector Machine (SVMLight), mit einer Genauigkeit von 90,3% (cf. Baroni / Bernardi / Comastri et al. 2004: 1773) auf den Rest des Korpus angewendet wurde. Es werden nach Angaben der AutorInnen insgesamt zwei Texttypen (news-report und comment) sowie 10 Themen (u.a. culture und economics) unterschieden.8 Dass das Korpus auch lemmatisiert wurde, ist u.a. der Online-Beschreibung des Korpus (cf. DIT 24.05.2017) zu entnehmen. Daraus geht hervor, dass die einzelnen Tokens mit Hilfe von Morph-It!9 annotiert wurden.
7Ein solches PoS-annotiertes, lemmatisiertes und in Bezug auf Texttyp und Thema kategorisiertes Zeitungskorpus (cf. SSLMIT Dev Online 2004b) kann vielfältige Erkenntnisinteressen befriedigen, auch wenn es auf nur einer Quelle, «La Repubblica», basiert. Guy Astone und Lorenzo Piccione (2003) nennen neben der Nutzung in didaktischen Kontexten auch diachrone und synchrone Forschungsmöglichkeiten und insbesondere die Untersuchung kontrastiver Fragestellungen. Bereits genutzt wurde das Korpus beispielsweise von Lorenza Pescia für die Untersuchung sexistischen Sprachgebrauchs in der Presse Italiens und der Schweiz (cf. Pescia 2010). Vorstellbar wären auch Untersuchungen zum Italiano neo-standard10, da Zeitungen nach Ansicht von Massimo Cerruti, Claudia Crocco und Stefania Marzo (2017: 9) besonders empfänglich für diese Variante des Italienischen sind. Um derartige Untersuchungen durchführen zu können, bedarf es des – idealiter freien – Zugangs zu Zeitungskorpora des Italienischen.
8Das «La Repubblica»-Korpus ist zumindest frei durchsuchbar, kann aber auf Grund von Urheberrechts- und Nutzungsvereinbarungen mit «La Repubblica» nicht gänzlich eingesehen werden (cf. Baroni / Bernardini / Comastri et al. 2004: 1773). Um es zu durchsuchen bieten sich momentan (Stand: 11.07.2017) sogar zwei Möglichkeiten, denn die Rezension ist zu einem Zeitpunkt entstanden, als das Korpus im Begriff war, von einem Interface auf ein anderes umzuziehen, nämlich (A) vom Portal SSLMIT Online (2004a) auf (B) das Dipintra-Portal (CoLiTec: o.J.), das auf NoSketch Engine11 basiert. Gerade für NutzerInnen der bisherigen Oberfläche A kann ein Vergleich der beiden Zugriffsmöglichkeiten hilfreich sein, um zu erfahren, welche Funktionen auf der neuen Oberfläche B wie umgesetzt wurden, welche Funktionen entfallen und welche neu hinzukommen. Zudem wird durch einen Vergleich ersichtlich, welche Vorteile der Umzug auf ein neues Portal in diesem Fall mit sich bringt. Deshalb sollen die beiden Oberflächen (kurz: A und B) einander unter Berücksichtigung folgender Punkte gegenübergestellt werden: (1) Nutzungsbedingungen, (2) Dokumentation, (3) Suchoptionen, (4) Ergebnisanzeige, (5) Ergebnisverarbeitung und (6) Hilfestellungen.
9Nutzungsbedingungen. Für die Nutzung von A ist eine Registrierung erforderlich, die zügig und automatisiert funktioniert. Das per E-Mail zugesandte Passwort lässt sich allerdings nicht ändern. B kann ohne vorherige Anmeldung genutzt werden.
10Dokumentation. Beide Oberflächen informieren mittels Überblicksseiten über das Korpus (Umfang, Daten, Markup, Annotationen) und verweisen auf ein Dokument mit veralteten weiterführenden Informationen, nämlich den Artikel von Baroni, Silvia Bernardini, Federica Comastri und anderen (2004). Tatsächlich findet sich keine aktuellere Beschreibung des Korpus, obwohl es sich in der Zwischenzeit, etwa hinsichtlich der Zuordnung von Themen zu Artikeln (vgl. Fußnote 8), verändert hat. Informationen über die Normalisierung der Daten finden sich verteilt auf verschiedene Artikel (Baroni / Bernardini / Comastri et al. 2004; Aston / Piccioni 2003) und sind nicht unmittelbar auf den Oberflächen einsehbar. Sie sind allerdings nicht unwichtig für manche Forschungsinteressen: Wie Aston und Piccioni (06.05.2003) anmerken, kann beispielsweise die Richtung des Wortakzentes („perché“ versus „perchè“) auf sozio-geografische Variation zurückgeführt werden. Durch eine Normalisierung bzw. Standardisierung der Akzentsetzung sind Untersuchungen einer solchen Variation mit dem «La Repubblica»-Korpus nicht möglich.
11Eine weitere an keiner Stelle (Stand: 11.07.2017) dokumentierte Veränderung ist die Einbindung von Subkorpora in die Oberfläche B. Die Suche kann dort beschränkt werden auf Subkorpora wie „GelareRepubblica“, „VER:fin“ oder „c“, deren Komposition nicht selbsterklärend ist und über die bisher nur bekannt gegeben wird, wie viele Tokens sie umfassen.
12Welche XML-Elemente, Attribute und Werte beim strukturellen Markup verwendet wurden, ist bei A unmittelbar ersichtlich (vgl. Fig. 2), während die Attribute und deren Werte bei Interface B erst sichtbar werden, wenn auf die zugehörigen Elemente bzw. Attribute geklickt wird (vgl. Fig. 3, nach Klick auf das Element <article>). Den Hinweis, dass zusätzliche Klicks erforderlich sind, bekommen NutzerInnen erst, wenn sie mit dem Cursor über die Elemente fahren. Welche PoS-Tags verwendet wurden, lässt sich dagegen auf den Übersichtsseiten beider Oberflächen klarer erschließen: A verweist auf einen Link zum Tagset, während B das Tagset in der Korpus-Information (cf. DIT 24.05.2017) unmittelbar anzeigt. Einblick in den TEI-Header des gesamten Korpus könnte zu einer zuverlässigeren und aktuelleren Dokumentation beitragen.
13Suchoptionen. Beide Oberflächen bieten zwei Arten von Korpusabfragen an, nämlich die Erstellung von Wortlisten und die Ausgabe von Konkordanzen. Während Wortlisten bei A nur über CQP-Abfragen generiert werden können (vgl. Fig. 4), besitzt B eine Abfragemaske mit verschiedenen Optionen (vgl. Fig. 5). Um bei A Wortlisten zu erstellen, müssen sich NutzerInnen mit der Syntax von CQP, der Abfragesprache der Korpus-Workbench, auseinandersetzen. Um etwa nach allen Wörtern zu suchen, die mit „donn“ beginnen, muss neben regulären Ausdrücken (. oder *) bekannt sein, wie nach Wörtern statt nach Lemmata gesucht wird und wie die Suche auf einzelne Wörter (word+0) im Gegensatz zu Bi- oder N-Grammen (word+1) beschränkt wird. Für die gleiche Suche auf Interface B muss dagegen keine Abfragesprache beherrscht werden. Neben der Kenntnis regulärer Ausdrücke ist es hier allerdings besonders wichtig, die vielfältigen Such- und Ausgabeoptionen zu verstehen.
14Statt auf das gesamte Korpus kann die Suche bei B auch nur auf Subkorpora bezogen werden. Zudem kann nicht nur nach Wortformen, sondern auch nach Lemmata, Tags und sogar nach Werten zu oben genannten Attributen gesucht werden, was bei A zwar ebenfalls möglich ist, aber erst durch komplexere CQP-Formulierungen. Filtermöglichkeiten bei B bestehen zum einen bezüglich der Häufigkeit, mit der Suchobjekte im Korpus auftreten sollen, um in der Wortliste berücksichtigt zu werden; zum anderen können anhand von White- / und Blacklists Listen bestimmter Suchobjekte berücksichtigt werden, die bei der Suche ein- oder ausgeschlossen werden sollen. Ein Beispiel für eine Blacklist zur oben genannten Suchabfrage ist ein Textdokument, das die Wortformen „donna“ und „donne“ enthält. Diese beiden Wortformen würden in der Wortliste nicht berücksichtigt werden.
15Für die Konkordanzabfrage bieten beide Oberflächen sowohl einen einfachen (simple) als auch einen oder mehrere fortgeschrittene Suchtypen an. Bei A bedeutet ‚simple‘, dass für die Suche eine Abfragemaske verwendet wird, während die fortgeschrittene Suche vollständig auf der Verwendung von CQP basiert. Bei Interface B sind alle Suchtypen mit einer Suchmaske verknüpft, die verschiedene Filter- und Ausgabeoptionen bereithält. Dort bedeutet ‚simple‘, dass anhand der Eingabe versucht wird, festzustellen, ob die Suche auf ein Lemma, eine Wortform oder eine Phrase abzielt (cf. Lexical Computing CZ s.r.o. 2017b). Alternativen zur einfachen Suche sind bei B die gezielte Suche nach Lemmata, Phrasen, Wortformen, Zeichen oder eine Suche mit Hilfe der Abfragesprache CQL.
16Da die Suchmasken beider Oberflächen zu viele Optionen besitzen, um auf jede gesondert einzugehen, werden sie tabellarisch gegenübergestellt und nur ausgewählte Optionen ausführlicher besprochen. Bezüglich aller grau unterlegten Suchoptionen (vgl. Tab. 1), haben sich beim Umzug des Korpus von Interface A auf Interface B Änderungen ergeben. Da über die Hälfte der Tabelle grau unterlegt ist, kann das Ausmaß der Veränderungen erahnt werden.
17Die Einschränkungsmöglichkeit der Suche auf bestimmte Genres (Kommentar / News) oder Jahre ist gleich geblieben. Bei B kann die Suche nicht nur auf Themen, sondern auch auf Subthemen beschränkt werden. B bietet zusätzlich die Möglichkeit, die Suche auf ein Subkorpus oder / und auf Artikel mit einer bestimmten ID, von bestimmten AutorInnen, mit einer bestimmten Länge oder mit einem bestimmten Titel zu beschränken. Da die Benennungsprinzipien der IDs nicht selbsterklärend sind und auch nicht erklärt werden, stellt sich allerdings die Frage, wie die Suche nach Artikeln mit einer speziellen ID sinnvoll eingesetzt werden kann. Im Gegensatz zu B ermöglicht A, Diakritika zu berücksichtigen bzw. zu ignorieren. Zudem ist es bei B nicht mehr möglich, die Trefferzahl im Vorfeld zu begrenzen. Nach Durchführung einer Suchanfrage ist es aber weiterhin möglich, andere Anzeigeoptionen (u.a. Treffer pro Seite / Sortierung) einzustellen.
18Ergebnisanzeige. Die Ergebnisanzeige bei B umfasst im Vergleich zu A wesentlich mehr Möglichkeiten (vgl. Fig. 6). Grundsätzlich wird neben der KWIC-Ausgabe auch eine „Sentence“-Ausgabe angeboten, bei der jedes Keyword eingebettet in seinen zugehörigen Satz angezeigt wird. Neu bei Oberfläche B ist zudem, dass entschieden werden kann, ob zusätzliche Informationen (z.B. PoS-Tag oder Lemma) nur für das jeweilige Keyword angezeigt werden sollen, oder auch für die Tokens, die das Keyword umgeben. Eine weitere Besonderheit bei B ist die Sortierung nach GDEX (Good Dictionary EXamples),12 die besonders für eine lexikographische Nutzung interessant ist.
19Während sich die Informationen zu den einzelnen Treffern bei A in der Angabe der Korpusposition erschöpfen, können bei B nun Metadaten zu den zugehörigen Artikeln und ein erweiterter sprachlicher Kontext angezeigt werden. Eine randomisierte Darstellung der Suchergebnisse kann bei A bereits vor der Suche angefordert werden. Dies ist bei B erst nach Durchführung der Suche möglich und gehört damit bereits zum nächsten Punkt, der Ergebnisverarbeitung.
20Ergebnisverarbeitung. Bei A können lediglich Suchhistorien gespeichert und Wortlisten als Textdateien per E-Mail zugesandt werden. B bietet erneut deutlich mehr Möglichkeiten der Ergebnisverarbeitung und –sicherung: Die Treffer können nach verschiedenen Kriterien sortiert und gefiltert werden. Auch können Samples aus (reproduzierbar) zufällig ausgewählten Treffern erstellt werden. Sogar ganze Subkorpora sind erstell- und als XML- oder TXT-Datei speicherbar.
21Es ist bei B möglich, Keywords und die sie umgebenden Tokens hinsichtlich ihrer Auftretenshäufigkeit und Verteilung im Korpus zu analysieren. So kann beispielsweise angezeigt werden, in welchen thematischen Kontexten ein Keyword wie häufig vorkommt. Aber auch die sprachliche Umgebung der Keywords kann in Form von Kollokationen analysiert werden. Schließlich wird sogar eine Form der Visualisierung angeboten: Beim Klick auf „Visualize“ öffnet sich ein Balkendiagramm, das die Verteilung eines Keywords im Korpus repräsentiert. Fig. 7 zeigt die Verteilung der Wortform „donna“. Das Korpus wird dabei in gleichgroße Teile zerlegt, wobei der Feinheitsgrad eingestellt werden kann (cf. Lexical Computing CZ s.r.o. 2017b). Beim Klick auf einen Balken werden die Treffer aus dem zugehörigen Korpusteil angezeigt. Wie beschrieben bietet B eine Vielzahl von Such-, Anzeige- und Verarbeitungsoptionen an, die zu einem großen Teil nicht selbsterklärend sind. Deshalb sind Hilfestellungen für eine optimale Nutzung der Oberfläche unabdingbar.
22Hilfestellungen. Während die Hilfsseiten bei A problemlos gelesen werden können, funktionieren die Links bei B derzeit (Stand: 12.07.2017) nicht. Die Seiten lassen sich aber über die Homepage von Sketch Engine relativ leicht selbst finden. Das „User manual“ (cf. Lexical Computing CZ s.r.o 2017c) bietet eine verständliche Einführung in die Funktionen und zugrundeliegenden Statistiken von Sketch Engine. Das dort erworbene Wissen kann dann auf die NoSketch Engine-Oberfläche des «La Repubblica»-Korpus übertragen werden.
Fazit
23Zusammenfassend zeigt der Vergleich, dass Oberfläche B über mehr, vielfältigere und komplexere Optionen der Suche, Anzeige und Verarbeitung der Daten des «La Repubblica»-Korpus verfügt, die stärker über Eingabemasken angewählt werden können und nicht notwendig die Kenntnis einer Abfragesprache erfordern. Um Oberfläche B aber voll nutzen zu können, sollten Korpusdokumentation und die Links zu entsprechenden Hilfsseiten aktualisiert werden.
24Wer das «La Repubblica»-Korpus über die neue Oberfläche ansteuert, kann sich auch weiterhin auf die Möglichkeit zur Erschließung unentgeltlich nutzbarer authentischer italienischer Sprachdaten beachtlichen Ausmaßes einstellen; sei es zu Zwecken der automatischen Sprachverarbeitung, für kontrastive Untersuchungen, für Übersetzungen, in didaktischen Kontexten oder für linguistische Forschungsinteressen. Die Annotation der Rohdaten des Korpus mit linguistischen (PoS-Tags), inhaltlichen (Thema und Texttyp) und strukturellen Informationen legen zusammen mit der Lemmatisierung den Grundstein für eine Vielzahl unterschiedlichster Korpusabfragen, die mittels Weboberfläche(n) realisiert werden können.
Anmerkungen
1. Neben dem Korpus CORIS/CODIS (Rossini Favretti, Rema et al. 1998-2017) beispielsweise das Perugia Corpus CEP (cf. Spina 2014) oder das Projekt CLIPS (cf. Sobrero 2007).
2. Wie zum Zeitpunkt der Korpuserstellung (cf. Baroni / Bernardi / Comastri et al. 2004: 1771) rangiert La Repubblica auch aktuell knapp hinter dem Corriere della Sera auf Platz 2 der meistgelesenen allgemeinen Tageszeitungen (diese Aussage basiert auf Daten von Audipress (2017, letzter Zugriff: 10.07.2017).
3. Noah Bubenhofer (2006-2015) beschreibt die Corpus Workbench als „Konkordanz- und Korpusanalyse-Software, mit der eigene Korpora, die mit linguistischen Annotationen versehen sind, bearbeitet werden können.“
4. Gemeint sind die TEI Guidelines for Electronic Text Encoding and Interchange (TEI Consortium 04.10.2015), die mittlerweile als Version P5 verfügbar sind.
5. Aston und Piccioni (06.05.2003) erwähnen nicht alle oben genannten Attribute, aber die übrigen, article.top und article.gen, lassen sich anhand der Korpus-Informationen auf dem NoSketch Engine Interface (CoLiTec: o.J.) erschließen.
6. Das Akronym EAGLES steht für Expert Advisory Group on Language Engineering Standards, eine Initiative der Europäischen Kommission, die zum Ziel hatte, De-facto-Standards unter anderem für die Erstellung, Beschreibung und Repräsentation von großen Sprachressourcen zu etablieren (cf. EAGLES 24.06.2014).
7. Hier ist das arithmetische Mittel gemeint. Angaben zur Streuung wurden nicht gemacht.
8. Anhand der Korpus-Informationen auf dem NoSketch Engine Interface (CoLiTec: o.J.) ist ersichtlich, dass die Themen in der Zwischenzeit noch weiter differenziert wurden, Politik etwa u.a. in Schulpolitik und Sportpolitik.
9. Morph-It! ist ein frei nutzbares „lexicon of inflected forms with their lemma and morphological features“ (cf. SSLMIT Dev Online 2009), das ebenfalls an der Universität Bologna, und zwar von Marco Baroni und Eros Zanchetta entwickelt wurde und Lemmatizern als Datengrundlage dienen kann.
10. Der Begriff “neo-standard” geht auf Gaetano Berruto (1987: 62) zurück und bezeichnet mit den Worten Eduardo Blasco-Ferrers (1994: 217) eine “Ist-Norm” des Italienischen, die sich u.a. durch den Sprachgebrauch in verschiedenen Arten von Massenmedien entwickelt hat und sich immer stärker im öffentlichen Sprachgebrauch manifestiert. Sie steht in Kontrast zu einer “Soll-Norm”, auf die sich etwa Italienisch-Lehrwerke oder präskriptive Grammatiken berufen (haben).
11. NoSketch Engine ist die „open source version of Sketch Engine with certain functionality limitations“ (Lexical Computing CZ s.r.o. 2017a). Sketch Engine wiederum ist eine Software zum Korpusmanagement und zur Korpusabfrage.
12. Das automatische Erkennen von GDEX ist eine Besonderheit von Sketch Engine. Für weitere Informationen bezüglich GEDX siehe Kilgarriff, Husák, Mc Adam und andere (2008).
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