Der Sturm

DER STURM. Digitale Quellenedition zur Geschichte der internationalen Avantgarde, Marjam Trautmann, Torsten Schrade, Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (ed.), 2018. https://sturm-edition.de/ (Last Accessed: 26.07.2023). Reviewed by orcid-icon Lisa Dieckmann (Universität zu Köln), lisa.dieckmann@uni-koeln.de. ||

Abstract:

This paper reviews the digital edition Der Sturm – Digitale Quellenedition zur Geschichte der internationalen Avantgarde, which aims to bring together all existing digital sources on the STURM company, to make them accessible and to link them with each other. Initiated by Herwarth Walden by founding the STURM magazine for contemporary art, the STURM company provided many different platforms (e.g., gallery, publishing, theatre) for the art scene in Germany at the beginning of the 20th century and had also a big impact on the international avant-garde. The digital edition currently offers facsimiles, transcriptions, and commentaries on a part of the letters, the encoding of the sources and texts is done in TEI-XML and can be downloaded or accessed via an API. Inventory lists exist for the other documents which link to the source of the digital image. All semantic and structural entities of STURM sources are permanently referenced using persistent identifiers.

Abb. 1: Titelseite Der Sturm – Monatsschrift für Kultur und die Künste, Juli 1916, Universitätsbibliothek Heidelberg.

1 Die Zeitschrift Der Sturm wird im Jahr 1910 von dem Publizisten, Dichter, Verleger und Komponisten Herwarth Walden (eigentlich Georg Lewin) in Berlin gegründet und dient als Plattform der avantgardistischen Kunstszene (Abb. 1). Der STURM avanciert in den folgenden Jahren zu einem regelrechten Unternehmen. Neben der Zeitschrift entsteht die STURM-Galerie, in der Walden zahlreiche Künstlerinnen und Künstler der Zeit ausstellt (u. a. Sonia Delaunay, Natalja Gontscharowa, Else Lasker-Schüler, Gabriele Münter und Marianne von Werefkin, Marc Chagall, Franz Marc, Wassily Kandinsky und Paul Klee). Darüber hinaus entwickeln sich die STURM-Abende, die STURM-Theaterbühne, der STURM-Verlag, eine Kunstbuchhandlung und die STURM-Akademie.1

2Herwarth Walden ist eine der Schlüsselfiguren der Kunst-Moderne in Deutschland. Zunächst hatte Walden 1903 den Verein für Kunst gegründet, dem zahlreiche bekannte Künstlerinnen und Künstler der Zeit angehörten (u. a. Thomas und Heinrich Mann, Else Lasker-Schüler, Rainer Maria Rilke, Alfred Döblin oder Gottfried Benn). Dieses Netzwerk baute er – auch zusammen mit seiner späteren Ehefrau Nell Walden – kontinuierlich auf. Es bildete die Basis für alle folgenden Entwicklungen. Die Zeitschrift Der Sturm war über 20 Jahre Sprachrohr europäischer avantgardistischer Strömungen in Literatur, Bildender Kunst, Theater, Architektur und Musik und hatte weitreichenden Einfluss auf die internationale Avantgarde.2

3Gerade die vielfältigen und gattungsübergreifenden Aktivitäten in unterschiedlichen Bereichen der Künste machen Herwarth Walden und das STURM-Unternehmen für viele geisteswissenschaftliche Disziplinen und auch für interdisziplinäre Fragestellungen interessant. Die Quellen, welche Briefe, Zeitschriften, Ausstellungskataloge, Theaterjahrbücher, verschiedene Schriften und andere Materialien wie Plakate oder Fotografien umfassen,3 sind von hoher Relevanz für die kunsthistorische Forschung, aber auch für die Geschichtswissenschaft, die Literaturwissenschaft, Theaterwissenschaft und Musikwissenschaft. Zahlreiche Anknüpfungspunkte gibt es aber auch für die Kunstmarktforschung. Darüber hinaus sind die Quellen natürlich auch disziplinübergreifend für die Digital Humanities von großem Interesse.

Abb. 2: Startseite Der Sturm – Digitale Quellenedition zur Geschichte der internationalen Avantgarde.

4 Die Digitale Edition Der Sturm setzt sich das Ziel, alle existierenden digitalen Quellen zum STURM-Unternehmen zusammenzuführen, zu erschließen und untereinander zu verknüpfen, um eine (Teil-)geschichte der internationalen Avantgarde zeichnen zu können (Abb. 2).4

5Ausgehend von der Ausstellung STURM-Frauen, welche 2015 in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt gezeigt wurde und erstmals den weiblichen Beitrag zur Entwicklung der Avantgarde in den Blick nahm,5 wurde die digitale Edition als kollaboratives Digital-Humanities-Projekt an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz insbesondere zusammen mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs konzipiert und sieht sich in erster Linie als Projekt im Bereich der Geschichte. Es ist an der Akademieprofessur für Digital Humanities angesiedelt, wurde von Marjam Trautmann und Torsten Schrade erarbeitet und wird weiterhin von diesen herausgegeben.6 Eine erste Grundlage für die Erarbeitung der digitalen Edition lieferte eine Masterarbeit von Marjam Trautmann (2018). Bislang sind alle Arbeiten an dem Projekt ohne eine externe Förderung durchgeführt worden, was hinsichtlich der Elaboriertheit des Projekts besonders betont werden muss. Dies ist sicherlich vor allem wegen der institutionellen Anbindung möglich. Alle Inhalte sind zudem frei zugänglich.

6Die Quellenedition umfasst sechs Abteilungen:

  • Abteilung I – STURM-Briefe
  • Abteilung II – STURM-Zeitschrift
  • Abteilung III – STURM-Kataloge (Ausstellungen)
  • Abteilung IV – STURM-Bühne (Theaterjahrbücher)
  • Abteilung V – STURM-Schriften (Bücher des Verlages)
  • Abteilung VI – STURM-Materialien (sonstiges Quell-Material)

7Alle sechs Abteilungen befinden sich noch im Aufbau: In der Abteilung I wurde bereits mit der Erschließung der Quellen begonnen, wohingegen die Abteilungen II bis VI zunächst die aus unterschiedlichen Quellen zur Verfügung stehenden Digitalisate in Bestandslisten versammeln. Die Digitalisate der STURM-Zeitschriften (Abteilung II) werden zum Beispiel von der Universitätsbibliothek Heidelberg, die Digitalisate der STURM-Kataloge (Abteilung III) vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München und die Digitalisate der STURM-Bühne (Abteilung IV) vom Blue Mountain Project zur Verfügung gestellt. Abteilung V und VI stellen jeweils Bestandslisten bereit, die im STURM-Verlag erschienenen Schriften bzw. andere Materialien verzeichnen und diese ggf. mit dem Link zu einem Digitalisat versehen.7 Der nächste Schritt für die Abteilungen II bis VI soll sein, Volltexte bereitzustellen und diese im XML-Format nach den TEI-Guidelines zu erfassen.8

Abb. 3: Parallelansicht von Transkript und Faksimile.

8 In der Abteilung I STURM-Briefe sollen die in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz über 3.700 verzeichneten und digitalisierten Briefe von STURM-Künstlern und -Künstlerinnen an Herwarth Walden historisch-kritisch digital ediert werden. Ein Großteil des Materials, welches Briefe, Postkarten und Telegramme umfasst, ist zwar noch nicht erschlossen, drei unterschiedliche Briefkorpora sind aber bereits verzeichnet und vollständig ediert. Es handelt sich um Briefkorpora von Franz Marc, Jacoba van Heemskerck und Guillaume Apollinaire aus dem Zeitraum von 1913 und 1922. Die Briefe sind in der Regel an Herwarth Walden gerichtet, in einigen Fällen auch an seine Frau Nell. Insgesamt sind 179 Briefe mit Faksimile, Transkription und Kommentaren erschlossen. Die Digitalisate der Briefe und Postkarten sind in die Seite eingebunden, so dass eine Parallelansicht von Faksimile und Digitalisat möglich ist (Abb. 3), wenngleich die auf dieser Ebene angezeigten Bilder eher klein sind, sodass eine Vergrößerung zur genaueren Ansicht lohnt.

9Die Briefe von Franz Marc und Jacoba von Heemskerck wurden innerhalb der Masterarbeit von Marjam Trautmann erstmalig digital ediert: Die Briefe von Jacoba van Heemskerck wurden zwar bereits 2006 von Arend Hendrik Husseen publiziert und ediert, (Vgl. Huussen 2006) jedoch kritisiert Trautmann Husseens Edition aufgrund der Veränderungen in der Transkription im Vergleich zum Original teilweise stark,9 weshalb sie diese Briefe innerhalb der Masterarbeit nochmalig erschließt. Weitere edierte Briefe der Abteilung sind anschließend hinzugekommen, wie sich aus den Zitierhinweisen mit Publikationsdaten entnehmen lässt. Auch werden neue Versionen dokumentiert. Das Projekt verfolgt einen ‚work in progress‘-Ansatz, bei dem die Briefe vom Projektteam digital erschlossen und zeitnah veröffentlicht werden.10

10Bei der Transkription der Briefe werden Syntax, Interpunktion und Orthographie vom Original übernommen, wobei Silbentrennungen aufgelöst werden. Unterstreichungen und Hochstellungen werden abgebildet, Durchstreichungen nur dann, wenn sie als inhaltlich relevant erachtet werden und nicht nur zur Tilgung orthographischer Fehler dienen. Die Briefe werden nicht topographisch nachgebildet, Briefmarken, Poststempel, Wasserzeichen und Vordrucke und auch Postkartenmotive in der Regel nicht erfasst. Handschriftliche Beilagen der Briefe werden in die Transkription aufgenommen, beigelegte Zeichnungen und Zeitungsausschnitte werden in der Regel nicht transkribiert (außer ggf. handschriftliche Kommentare oder Unterstreichungen), aber als digitales Faksimile bereitgestellt.11 Die Dokumentation des Projekts ist nicht nur im Bereich der Textbehandlung sehr gut und ausführlich, sondern auf allen Ebenen, z. B. auch bei der Darstellung systematischer und technischer Aspekte. Dadurch wird die Erarbeitung der digitalen Edition sehr transparent und nachvollziehbar, was an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden muss.

Abb. 4: Darstellung der Kommentare im Text und in den Fußnoten.

11 Die Kommentare sind in Fußnoten platziert und enthalten erläuternde Beschreibungen zu im Text erwähnten Ausstellungen, Vortragsreihen, Kolumnen, Kunstvereinen, Werken oder aber auch zu Begrifflichkeiten (z. B. ‚Sturmzettel‘). Darüber hinaus werden in den Fußnoten alle historischen und politischen Referenzen in den Briefen – insbesondere in Bezug auf Entwicklungen im 1. Weltkrieg – ausführlich kontextualisiert. In den Texten erwähnte und im Sturm oder anderen Medien publizierte Werke werden seitengenau verlinkt. Ferner werden hier bibliographische Angaben gemacht für Zeitschriften, Artikel und Bücher, die im Text genannt werden. Orte, Werke und Personen werden im Text selbst durch Links auf entsprechende Registereinträge, die jeweils Verweise auf Normdatensätze enthalten, verzeichnet (Abb. 4). Laut Projektwebseite sollen in einer nächsten Projektphase auch weitere Textzeugen – vereinzelte, schon in Büchern publizierte Briefe – in den Metadaten der entsprechenden Briefe dokumentiert werden.12 Die Codierung der Metadaten folgt den Guidelines der TEI (P5). Die abteilungsübergreifenden Editionsrichtlinien sind ausführlich dokumentiert.13

Abb. 5: Personenregister.

12 Das Personenregister führt 199 Personen auf, die in den Volltexten verknüpft sind und im Register auf den jeweiligen Eintrag in der Gemeinsamen Normdatei der Deutschen Nationalbibliothek (GND) verweisen (Abb. 5). Alle Registereinträge sind mit den jeweiligen Textstellen in den Briefen verlinkt. Das Ortsregister, welches neben der Liste auch über eine Karte erreichbar ist, enthält 87 in den Texten genannte Orte, jeweils verbunden mit der zugehörigen externen GeoNames-Normdatei. Im Werkregister befinden sich alle 172 im Volltext explizit erwähnten Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Artikel und Kunstwerke, die teilweise mit Links auf externe Ressourcen wie die GND und frei verfügbare Digitalisate versehen sind. Die Lemmata werden im Werkregister nach den in den Texten auftretenden Wörtern erstellt und sind daher in vielen Fällen wenig aussagekräftig (z. B. ‚Bild‘). Man könnte hier überlegen, das Register nach den Angaben in der GND ‚Autor*in/Künstler*in:Titel‘ aufzubauen.

13Die Register sollen abteilungsübergreifend erstellt werden, aufgrund des aktuellen Bearbeitungsstands sind die jeweiligen Quellenverweise bislang nur der Abteilung I Briefe zugeordnet und mit den entsprechenden Datensätzen verlinkt. Die einzelnen Registerlemmata führen zu einem Stammdatenblatt, auf dem die jeweiligen Registerinformationen (Normdatenverweis, Auftreten in den Quellen) nochmals separat aufgeführt werden. Perspektivisch soll dieses mit weiteren Informationen, beispielsweise aus der GND und Wikipedia, automatisiert ergänzt werden. In den Briefen selbst sind die Entitäten mit ihrem jeweiligen Register-Stammdatenblatt verknüpft. Ferner ist eine Erweiterung der Register durch die Erfassung von Ereignissen geplant (bspw. STURM-Ausstellungen).14

14Neben den zentralen Registerzugängen Person, Ort und Werk ist innerhalb der Abteilungen auch ein chronologischer Einstieg möglich. Hier befindet sich jeweils eine nach Jahren sortierte Liste der Quellen. Bei den Briefen kann man zusätzlich auch über die Künstler*innen auf die Inhalte zugreifen. Laut Projektwebseite werden weiterhin mittelfristig drei zusätzliche Quellenzugänge angestrebt: Ereignisse, Körperschaften und Sachbegriffe.15

Abb. 6: Bestandsliste der digitalen Bestände der STURM Zeitschrift.

15 Die Digitalisate stammen aus verschiedenen Quellen (s. o.) und sind in den einzelnen Abteilungen verlinkt und über Bestandslisten abrufbar (Abb. 6), in der Abteilung Briefe sind sie in die Seite selbst eingebunden, d.h. alle Briefseiten, alle Beilagen und eine Abbildung mit Farbkeil sind neben der Transkription in einer Thumbnail-Ansicht dargestellt. Es gibt auch eine Zoomstufe, jedoch sind die Abbildungen im Vergleich zu den Originalen hier auf eine Breite von 800px (Hochformat) bzw. 1200px (Querformat) skaliert, was aber für die Lesbarkeit absolut ausreichend ist. Die Originale dürften auch nicht wesentlich größer sein. Wenn man die Abbildungen höher aufgelöst sehen möchte, kann man auf den Link zum DFG-VIEWER klicken und gelangt zu den Originalen in der Staatsbibliothek Berlin. Die Zeitschriften liegen z. B. in Heidelberg digitalisiert vor. Es existieren DOIs für Heft, Einzelseite und Artikel, aber (noch) nicht für einzelne Abbildungen.

16Im Sinne der Nachhaltigkeit erfolgt die Codierung der Quellen und Begleittexte der digitalen Edition in TEI-XML. Sie werden darüber hinaus mit übergreifenden Metadaten (teiHeader) und Normdaten versehen. Persistente Identifikatoren und Permalinks sorgen zudem für eine dauerhafte Adressierung und Zitierbarkeit. Die Identifikatoren sind systematisch nach einem einheitlichen Schema angelegt und lassen durch ihre semantische Strukturierung auch Rückschlüsse auf die Quelle zu: TYP.ABTEILUNG.DATIERUNG.SIGLE.LAUFNUMMER[#][ABSATZ/BILD].[KOLUMNE].[SEITE/FOLIO]. Für einen Brief von Franz Marc ergibt sich daher zum Beispiel: https://sturm-edition.de/id/Q.01.19140115.FMA.01. Für einen STURM-Katalog vom 20. September 1913 lässt sich folgender Identifikator ermitteln: Q.03.19130920.STK.01. Der Aufruf einer URI führt immer zur aktuellen Version der Entität, wobei auch alle vorangegangenen Versionen flexibel aufrufbar sind, z. B. https://sturm-edition.de/id/Q.01.19140115.FMA.01/1. Dies ist ein weiterer vorbildlicher Schritt zu einer transparenten und nachvollziehbaren digitalen Edition.

17Die Systematisierung und Modellierung der zahlreichen unterschiedlichen und verteilten Quellentypen des STURM bildet hier den Kern der digitalen Methodik. Die Verknüpfungen und Beziehungen der Quellen untereinander werden derzeit unter Anwendung bestehender Ontologien wie dem CIDOC Conceptual Reference Model oder fachspezifischer Vokabulare wie dem Getty Art & Architecture Thesaurus (AAT) semantisch modelliert und perspektivisch als Linked Open Data verfügbar gemacht. Zunächst werden die in den bereits edierten Quellen annotierten Entitäten wie Personen, Orte und Werke semantisch verknüpft, anschließend auch Entitäten wie zum Beispiel Körperschaften und Ereignisse.16

18Für die Edition der Quellen in XML wurde eine Webanwendung für die native XML-Datenbank eXist entwickelt. Die Editionsarbeiten werden mit oXygen durchgeführt, die Online-Publikation der Quellen erfolgt aus der Anwendung heraus, indem alle Bestandteile als XML vorgeneriert und dann als statisches HTML ausgeliefert werden. Diese Softwarekomposition soll die Performance steigern und die Nachhaltigkeit verbessern, indem alle Komponenten und auch die Präsentationsschicht und die generierten Formate systemneutral verfügbar gemacht werden. Im Bereich der Textverarbeitung kommt TUSTEP zum Einsatz.17 Die Editionssoftware dieses Projektes steht unter MIT-Lizenz und kann über GitHub frei heruntergeladen und weiterentwickelt werden.18

Abb. 7: Die visuell ansprechende Webseite funktioniert auch auf mobilen Geräten.

19 Die Webseite ist responsiv gestaltet und funktioniert auch auf mobilen Endgeräten (Abb. 7). Sie ist klar strukturiert und sehr übersichtlich. Alle Informationen sind leicht zugänglich und jeder Bereich ist ausführlich dokumentiert. Auch Rahmeninformationen wie Impressum und Kontakt sind leicht auffindbar. Darüber hinaus ist die Webseite visuell ansprechend und mit Liebe zum Detail gestaltet. Die Besonderheit des Webdesigns besteht darin, dass die Typographie und die Druckgestalt der STURM-Zeitschrift in das Erscheinungsbild einbezogen wurden, indem die historische Schrift der Zeitschrift als Webfont eingebunden und der Text (je nach Endgerät) auch mehrspaltig visualisiert wird. Im Vorfeld wurde eine Schriftanalyse durchgeführt, um die historische Schrift zu ermitteln. Dabei wurde herausgefunden, dass die ersten Ausgaben mit der Schriftfamilie „Romana“ des deutsch-amerikanischen Schriftdesigners Gustaf F. Schroeder gesetzt wurden. Ein daran orientierter Webfont kommt nun in der Präsentation zum Einsatz.19

Abb. 8: Auszug aus einer TEI-codierten XML-Datei.

20 Für die Nachnutzung der Forschungsdaten und Texte stehen unterschiedliche Optionen zur Verfügung. Sie können zusammen mit der Anwendung heruntergeladen, aber auch über eine Schnittstelle als XML oder JSON bezogen werden. Es gibt vier Einstiegspunkte: /letters /persons /places und /works, die jeweils Registerinformationen zu den entsprechenden IDs ausliefern. Über den Auslieferungspunkt /files können direkt die TEI-codierten XML-Files der edierten Briefe (Bsp. https://sturm-edition.de/api/files/Q.01.19211211.JVH.01.xml) abgerufen werden. Der Link zu diesem XML-File ist auch bei jedem Datensatz zu finden (Abb. 8). Für die erschlossenen Personen und Werke kann eine Beacon-Datei heruntergeladen werden. Die Korrespondenz-Metadaten der STURM-Künstlerbriefe sind als Correspondence Metadata Interchange Format (CMIF) verfügbar. Alle Forschungsdaten, aber auch alle darüber hinaus veröffentlichten Materialien stehen unter Creative Commons Attribution 4.0 International Lizenz (CC BY 4.0) zur Nachnutzung zur Verfügung. Darüber hinaus sind weitere digitale Ressourcen wie eine Projektbibliographie oder verschiedene Publikationen zur digitalen Edition verfügbar. Auch hier muss erneut der fortschrittliche Ansatz der digitalen Edition hervorgehoben werden.

21Die unterschiedlichen Zugänge zur digitalen Edition (Künstler, Jahr, Abteilung, etc.) bieten einen guten Einstieg für eine explorative oder systematische Erforschung des Materials. Wünschenswert wäre hier die Ergänzung einer Volltextsuche, um gezielt nach Wörtern recherchieren zu können, die in den Briefen auftauchen. Für die kunstgeschichtliche Forschung wäre darüber hinaus ein eigenes Register für Kunstwerke interessant, deren Lemmata (wie oben bereits angemerkt) aber systematischer erfasst werden sollten. Die verwendeten Postkarten werden nur dann als Medium beschrieben, wenn es sich um ungewöhnliche Textdokumente, wie die Verwendung einer Ausstellungsdauerkarte als Postkarte handelt (https://sturm-edition.de/quellen/briefe/gap/Q.01.19130412.GAP.01.html). Aus kunsthistorischer Perspektive wären die Motive auf den Postkarten und ggf. die Motive auf den Briefmarken von Interesse und könnten evtl. in die Erschließung aufgenommen werden. Darüber hinaus würde sich eine Visualisierung der historischen Netzwerkanalyse zu Künstlerinnen und Künstlern anbieten.20

22Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die vorliegende digitale Edition ist für die disziplinäre und interdisziplinäre geisteswissenschaftliche Forschung von hoher Relevanz, wird hier doch erstmalig der Zugriff auf die bereits vorliegenden digitalen Quellen aller STURM-Abteilungen ermöglicht, so dass ein umfassendes historisches Bild der STURM-Ära gezeichnet werden kann. Die vielfältigen Kommentare und Erschließungsinformationen in der Abteilung Briefe und die digitale Umsetzung tragen maßgeblich dazu bei. Im Sinne eines Informationsportals stehen zahlreiche weitere Meta-Informationen und Referenzen zur Verfügung, so dass man hoffentlich zukünftig auch über den Projektkontext hinaus in das STURM-Universum eintauchen können wird. Vor allem ist jeder Bereich der Edition, die Software, die Methodik etc. hervorragend und in vorbildlicher Art und Weise dokumentiert. Auch im Sinne nachhaltiger Softwareentwicklung und der Nachnutzbarkeit von Erschließungsinformationen ist das Projekt ein vorbildliches Beispiel, zumal noch einmal hervorzuheben ist, dass das Projekt bislang ohne jegliche externe Förderung ausgekommen ist. Besonders zu bemerken ist darüber hinaus die Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Das Projekt überzeugt auf allen Ebenen und ist in der Erschließung und Dokumentation von Wissen und der Bereitstellung nachnutzbarerer Ressourcen zur Orientierung für ähnliche Projekte sehr zu empfehlen.



Anmerkungen

[1]  Vgl. Trautmann 2018, 25ff und vgl. auch Schirn Kunsthalle 2015a und 2015b.

[2]  Vgl. Chytraeus-Auerbach und Uhl 2013, 7-11, vgl. auch Sprengel 1991 und vgl. auch arthistoricum.net.

[3]  Vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/quellen.html.

[4]  Vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier insbesondere https://sturm-edition.de/projekt.html und https://sturm-edition.de/projekt/ziel.html.

[5]  Die Ausstellung fand statt vom 30. Oktober 2015 bis 7. Februar 2016. Schirn Kunsthalle 2015a.

[6]  Vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier insbesondere https://sturm-edition.de/projekt/ziel.html.

[7]  Für weitergehende Informationen vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier insbesondere https://sturm-edition.de/quellen.html.

[8]  Vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier die Unterseiten zu den Abteilungen II bis VI: https://sturm-edition.de/quellen/zeitschrift.html, https://sturm-edition.de/quellen/kataloge.html, https://sturm-edition.de/quellen/buehne.html, https://sturm-edition.de/quellen/schriften.html, https://sturm-edition.de/quellen/materialien.html.

[9]  Trautmann kritisiert u. a. Huussens starke Normalisierung, Ergänzungen von Interpunktion und Wörtern und teilweise falsche Transkription. Sie liefert auch einige Beispiele für ihre Kritik. Vgl. Trautmann 2018, 10f.

[10]  Vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/projekt/methodik.html.

[11]  Vgl. auch Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/edition/briefe.html.

[12]  Vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/quellen/briefe.html.

[13]  Vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/edition.html.

[14]  Vgl. auch Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/register.html.

[15]  Vgl. auch Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/projekt/methodik.html.

[16]  Die Daten werden noch nicht in dieser Form zur Verfügung gestellt. Die Informationen gehen aus einem Posterbeitrag der DHd 2019 hervor. Vgl. Lorenz, Müller-Dannhausen und Trautmann 2019, 273-275.

[17]  Diese Informationen finden sich in der gut dokumentierten Softwarearchitekturbeschreibung: Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/ressourcen/software.html. Weitere Informationen zur Steigerung der Nachhaltigkeit Digitaler Editionen am Beispiel der STURM-Edition: Schrade 2018.

[18]  Siehe https://github.com/digicademy/sturm-php-app/releases/ und https://github.com/digicademy/sturm-exist-app/releases/.

[19]  Zur Typographie vgl. Trautmann und Schrade 2018, hier: https://sturm-edition.de/ressourcen/software.html.

[20]  Eine umfassende Netzwerkanalyse ist bereits in Planung, vgl. Lorenz, Müller-Dannhausen und Trautmann 2019, 273-275.


Bibliographie

arthistorium.net. eds. „Herwarth Walden und DER STURM“, in: Themenportal arthistoricum.net. https://www.arthistoricum.net/themen/portale/sturm/.

Chytraeus-Auerbach, Irene und Elke Uhl. eds. 2013. Der Aufbruch in die Moderne: Herwarth Walden und die europäische Avantgarde. Berlin: Lit Verlag.

Huussen, Arend Hendrik. ed. 2006. Brieven van Jacoba van Heemskerck en Marie Tak van Poortvliet aan Herwarth en Nell Walden en anderen. 1911–1923. Haren (Cahiers uit het noorden Bd. 10).

Lorenz, Anne Katrin, Lea Müller-Dannhausen und Marjam Trautmann. 2019. „DER STURM. Digitale Quellenedition zur Geschichte der internationalen Avantgarde. Drei Forschungsansätze“, in: DHd 2019 Digital Humanities: multimedial & multimodal. Konferenzabstracts, Frankfurt am Main, 274-276. https://doi.org/10.5281/zenodo.2600812.

Schirn Kunsthalle. 2015a. „STURM-Frauen. Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin 1910–1932.“ Schirn Kunsthalle Frankfurt. Ausstellung (30.10.2015 – 07.02.2016). https://www.schirn.de/ausstellungen/2015/sturm_frauen/.

Schirn Kunsthalle. 2015b. „STURM-Frauen. Premiere für die Künstlerinnen der Avantgarde.“ Schirn Kunsthalle Frankfurt. Ausstellung (30.10.2015 – 07.02.2016). http://schirn.de/sturmfrauen/digitorial/index.html.

Schrade, Torsten. 2018. Annotate, Generate, Test, Deploy. Aktuelle Software-Engineering Methoden zur Steigerung der Nachhaltigkeit Digitaler Editionen. Düsseldorf. https://digicademy.github.io/2018-sustainable-editions.

Sprengel, Peter, 1991. „Institutionalisierung der Moderne: Herwarth Walden und , in: Zeitschrift für Deutsche Philologie, 247-281.

Trautmann, Marjam und Torsten Schrade. eds. 2018. Der Sturm – Digitale Quellenedition zur Geschichte der internationalen Avantgarde, Mainz, Akademie der Wissenschaften und der Literatur. https://sturm-edition.de.

Trautmann, Marjam. 2018. Eine Digitale Edition. Ausgewählte Briefe von Jacoba van Heemskerck und Franz Marc an Herwarth Walden (1914–1915). Mainz. http://doi.org/10.25358/openscience-2176.


Abbildungen

Abb. 1: Titelseite Der Sturm – Monatsschrift für Kultur und die Künste, Juli 1916, Universitätsbibliothek Heidelberg.

Abb. 2: Startseite Der Sturm – Digitale Quellenedition zur Geschichte der internationalen Avantgarde.

Abb. 3: Parallelansicht von Transkript und Faksimile.

Abb. 4: Darstellung der Kommentare im Text und in den Fußnoten.

Abb. 5: Personenregister.

Abb. 6: Bestandsliste der digitalen Bestände der STURM Zeitschrift.

Abb. 7: Die visuell ansprechende Webseite funktioniert auch auf mobilen Geräten.

Abb. 8: Auszug aus einer TEI-codierten XML-Datei.